Mittwoch, 21. Oktober 2009

Booty Call Interrupted

Die S. und ich stehen im Actress inmitten einer wogenden Masse von mächtig aufgebrezelten Weibsen und beponyfransten Jünglingen in karierten Hemden, nippen an unseren doppelten Cola-Rums und amüsieren uns prächtig auf Kosten der anderen, wie man das nun mal so tut, wenn es nichts zu Lachen gibt.

"Männer", sagt die S. gerade und verdreht frustriert die Augen gen Himmel, "sind ja sowas von sinnlos. Die kriegen doch alle den Arsch nicht in die Höhe." Die S. ist schon seit längerem in einer Art Love Triangle gefangen und von dieser speziellen Konstellation und ihrer Sinnhaftigkeit- viel Triangle, wenig Love - nicht zu hundert Prozent überzeugt, was sich gewaltig in ihrer Weltanschauung niederschlägt. "Süße, ich weiß alle Männer sind doof, aber da sitzen vier Exemplare hinter dir, die starren seit fünf Minuten auf deinen Allerwertesten und nicken beifällig." werfe ich ein. Die S. hält in ihrer Tirade inne und scheint zu überlegen. Ich überlege auch. "Ich brauch mehr Rum", beschließt die S., die plötzlich in deutlich gehobener Stimmung ist, und schwenkt unternehmungslustig ihre Handtasche gen Bar. "Geh du mal, ich halte hier die Stellung." sage ich und die S. entschwindet, Handtasche und Hintern formvollendet von links nach rechts schwenkend, Richtung Theke.

Aus dem starrenden Quartett ist mittlerweile ein starrender Solist geworden und ehe ich mich noch zur Ordnung rufen kann, hat der Rum das Kommando übernommen und ich mich hingesetzt. "Hey." sage ich, und "Hey." sagt der Solist und grinst ein bißchen schief hinter seinem Bier hervor. "Oh, wie süß sympathisch", denkt mein beschwipstes Hirn, "der wär doch was für die S." Tatsächlich hat die S. ein Faible für unkonventionell gutaussehende Herren - quirkyness nennen die Briten das - und der Solist passt in diese Kategorie wie die Faust aufs Auge. Die S. erscheint dann auch wie gerufen auf der Bildfläche, im Schlepptau das starrende Trio. "Kaum ist man mal fünf Minuten weg, schon sammelt sich hier ein Harem an." schüttelt Kerl Nummer Zwei ungläubig den Kopf. Tatsächlich kann ich seinen Unglauben sogar nachvollziehen. Kerl Nummer Zwei ist konventionell gutaussehend und sicherlich derjenige, dem sich in der Truppe normalerweise die Damen zu Füßen werfen.

Die S. unterhält sich jedenfalls prächtig mit dem Solisten, während ich semi-erfolgreich die anderen drei Herren davon abzuhalten versuche, ihre Zeigefinger abwechselnd in alle verfügbaren Getränke zu stecken. Gleichzeitig versuche ich zu ergründen, wieso ich den gutaussehenden Kerl, der noch dazu Koch in Herrn Ramsey's Maze und ein mittlerer Fernsehstar ist, bloß gutaussehend und den Solisten irgendwie ziemlich anziehend finde.
Nach einer weiteren halben Stunde wird mir dann so einiges klarer. Da sitzt nämlich plötzlich der Solist neben mir und erzählt mir irgendwas von Manchester und Musik und grinst dabei ziemlich verschmitzt. ich verstehe nur die Hälfte von dem, was er mir zu erklären versucht, aber das ist eigentlich egal, denn es fliegen die Funken in einer Art und Weise, daß sogar der Koch kurz die Augenbrauen hebt.

Nun ist es normalerweise ja so, daß ich nicht unbedingt proaktiv bin, wenn es darum geht, mir körperliche Zuwendung zu holen. Ich gehöre zu der Kategorie Frauen, die sich vorsichtig nach vorne lehnen, herausfordernd auf den Zehenspitzen wippen und hoffen, daß der Kerl dann schon irgendwie auf sie drauffällt - was selten passiert. Anders ausgedrückt: ich warte. Und dann warte ich noch ein bißchen länger. Und klimpere mit den Wimpern. Und versuche, einladend zu wirken. Und wenn das alles nichts hilft, dann war es das meistens auch. Und da stehen wir nun auf der Tanzfläche, der Solist und ich, und knistern vor uns hin und ich lehne mich vorsichtig nach vorne und wippe ein bißchen auf den Zehenspitzen und während ich mich noch wundere über diese komische Mischung aus Vertrautheit und körperlicher Anziehung, die mir langsam den Magen hebt, legt mir der Solist die Hand an die Stelle, die man im Englischen so treffend als small of the back bezeichnet, und küßt mich. Dann müssen wir beide lachen. "Oha." sage ich. "Easy." sagt er. Dann fragt er nach meiner Telefonnummer.

Später sitzen wir vor der Tür in der Arschkälte. "Ich hab 'ne Freundin.", sagt der Solist und sieht dabei gar nicht sehr betreten aus, "stört dich das?" "Nö." sage ich. Der Solist strahlt 22-jährige Verwirrung aus. "Ich will dich ja nicht heiraten sondern bloß mit nach Hause nehmen" erkläre ich und wundere mich selbst über meinen Mangel an Beziehungsanleierungsbedürfnis. "Hättest du gerne, daß ich dich mal anrufe?" fragt der Solist und schaut mich schief von der Seite an. "Möchtest du das denn?" frage ich zurück. "Würde ich sonst fragen?" "Wahrscheinlich nicht."

Wie sich das so gehört, endet der Abend in einem äußerst bizarren Curryhaus mit zombiesken Kellnern und scheußlichem Beef Madras, das so scharf ist, daß mir schon vom Geruch die Augen tränen. Die S. gähnt, der Koch erzählt was von Mary Rose Sauce und Brandy, die anderen zwei Kerle essen Krabbencocktail und der Solist und ich kommen vor lauter Schauen zu gar nichts. Wir verabschieden uns auf der Straße, umgeben von sich übergebenden Mädels und gröhlenden Halbstarken. "Goodbye, Shag." flüstert mir der Solist ins Ohr. Schade drum, denke ich. Was musst du auch eine Freundin haben, das ist ja sowas von unpraktisch. Die Erfahrung hat mich nämlich zumindest eines gelehrt: wenn der Kerl erstmal wieder nüchtern ist, erscheint ein Booty Call plötzlich nicht mehr ganz so verlockend.

"Männer" sage ich zur S. auf dem Nachhauseweg, "sind ja sowas von sinnlos. Die kriegen doch alle den Arsch nicht in die Höhe." Was soll ich sagen, ich hasse es, wenn ich Recht behalte.

maniger (Gast) - 2009/10/27 19:17

erstes kommentar! jippie!
ich warte gerade auf meinen booty call (???) mit kerzen und rotwein. zappelig. nervös. freudig.
dass minuten so langsam verticken können..!?

(verzerrt angezeigte Wort: sack?)

Daktari's Schimpanse (Gast) - 2009/10/28 15:15

wie jetzt...

Wow, gleich 2 aufregende Stories auf einmal? Ich hoffe, dass beide booty calls (wieder was neues gelernt) eingetroffen sind bzw noch kommen. Wobei das mit der Freundin natürlich eher suboptimal ist - aber kam das richtig rüber, dass du eigentlich keine Beziehung suchst/willst? ("...wundere mich selbst über meinen Mangel an Beziehungsanleierungsbedürfnis")...und bitte, was versteht man landsläufig unter "Shag"? Meine "Leo-Ergebnisse" sind eher von der Art, wo ich hoffe der Typ meldet sich nicht... Aber ich gehe mal davon aus, dass ich gleich noch ein Wort lerne. Tja, manche Weisheiten stimmen leider nunmal, seufz. So schnell können wir die (Männer)Welt wohl nicht ändern.

quietplease - 2009/10/30 02:23

also frau manigers booty call war ja anscheinend ein schuß in den ofen und mein booty call wird sich wohl erst im nächsten jahrtausend ereignen. macht aber nix, weil der mangel an beziehungsanleierungsbedürfnis ist bei mir grad sehr ausgeprägt.

(ps: leo lügt nicht. ich fands allerdings ganz interessant, daß so ein jungspund so ein wort in den mund nimmt und ich finds auch noch passend lol)
maniger (Gast) - 2009/10/29 08:18

rotweingetränkte mädelsgespräche ergeben:

Ja, sind sie. Sinnlos.

quietplease - 2009/10/30 02:21

Ach nö, wie doof. Rotwein, Kerzenschein und nervöses Zappeln...und dann?
maniger (Gast) - 2009/10/30 08:05

ist auf einmal alles viel komplizierter als es tatsächlich ist. aber da sind wir erst am nächsten tag draufgekommen *seufz*

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