short stories

Mittwoch, 10. Februar 2010

Mein Leben auf der Überholspur

Die gefürchteste aller Fragen ist immer noch die, wo ich erzählen soll, was ich den ganzen Tag so gemacht habe. Nichts, möchte ich sagen, ich habe nichts gemacht. Aufgestanden, geduscht, gefrühstückt, coffee to go am Hauptbahnhof, ein paar Seiten Kunstgeschichte gelesen auf der Zugfahrt, Vorlesungen, Mittagessen, Literaturrecherche, noch ein Kaffee, noch eine Zugfahrt, Abendessen zwischen Tür und Angel dann sechs Stunden Bier zapfen und Gläser waschen, die Mitternachtsnachrichten anschauen, ins Bett legen, schlafen.
Mir wird da schon beim erzählen so langweilig, daß ich ins Koma fallen könnte. Und bei dir so? frage ich den O., dessen Leben mir ungleich spektakulärer erscheint. Ach, sagt der, ich hab mein Auto in die Werkstatt gebracht. Und zum Mittag gabs Schnitzel.
Na da haben wir es wieder,
denke ich, und ich hab nicht mal ein Auto. Ich bin wirklich sowas von langweilig.

Freitag, 5. Februar 2010

vom sagen und meinen

Der Göttergatte ruft aus Marrakesch an, wo er seit fünf Tagen in der Wüste herumeeiert. Erzählt, daß er nächste Woche wahrscheinlich für fünf Tage nach Mailand fliegen wird. Arbeitsbedingt. Das ist an sich erfreulich, denn der Göttergatte ist in seinem Beruf auf solche Gelegenheiten angewiesen. Fantastisch! rufe ich also freudig aus, ganz das brave, unterstützende Weibchen. Sieht so aus, als würde ich dich überhaupt nie wieder sehen! Ah ja. Es geht doch nichts über ein bißchen passive Aggression per Ferngespräch.

Zu meiner Verteidigung kann ich lediglich ins Feld führen, daß ich mit 39 Grad Fieber im Bett liege und mich seit zwei Tagen von Kartoffel-Lauch-Suppe ernähre.

(was ich eigentlich nämlich meinte war: ich vermisse dich, du blöder Hund. Also sag mir nicht, wann wir uns nicht sehen können, sag mir lieber, wann wir uns wiedersehen.)

Montag, 1. Februar 2010

(P)orn Identity

Da wäre mal eine gewesen, die habe immer partout dann körperliche Zuwendung verlangt, wenn man sich gemeinsam einen Film angesehen hätte und damit könne er ja irgendwie gar nichts anfangen. Ja, sage ich, das wäre mir auch schon aufgefallen, dieses fast hundertprozentige Ausblenden der Umwelt, das ich anfangs noch als mangelndes Interesse an meiner Person interpretiert hatte, das aber anscheinend bloß eine extreme Form der Fokussierung auf den task at hand - Film schauen - sei. Gemessen an der eher negativen Reaktion besagter Dame müsse das ja aber total abnormal sein, bemerkt der Göttergatte nachdenklich. Naja, sage ich, abnormal wäre das nicht, bloß würden die meisten Frauen wohl am Anfang einer Liason den Fokus eher auf Geknutsche als auf Geballere legen. Den Film könne man schließlich beliebig oft zurückspulen, aber das Bedürfnis nach hemmungslosem Sex würde irgendwann der abendlichen Migräne weichen und das Feuer wieder anzufachen wäre definitiv schwieriger als eine DVD einzulegen. Und dann erinnere ich mich plötzlich an eine andere Zeit und einen anderen Mann und wie wir gezählte zwei Wochen lang wirklich ernsthaft versucht hatten, uns The Bourne Identity anzuschauen. Leider schafften wir es nie über die ersten zehn Minuten hinaus, zu übermachtig wurde angesichts Matt Damon das Bedürfnis, uns gegenseitig die Kleider vom Leib zu reissen. Als ich gerade beginne, Leidenschaft und deren Effekt auf mein - nicht immer hunderprozentig intaktes - Selbstbewusstsein zu analysieren, durchzuckt ein bemerkenswert schmerzhafter Schmerz meine Schulter. Aua, sage ich. Ah hm hm, bemerkt der Göttergatte interessiert und drückt beinahe zärtlich seinen Daumen in meinen Teres major. Eine halbe Stunde und eine fantastische Rückenmassage später fällt mir dann auch wieder ein, warum das mit dem anderen Mann so gar nichts werden wollte. Der war nämlich trotz aller Leidenschaft ein Arschloch gewesen und hätte mir sowieso nur mit sexuellen Hintergedanken den Rücken massiert, für maximal zehn Minuten und ziemlich sicher hundertprozentig leidenschaftslos. Tja.

Freitag, 22. Januar 2010

Commitment.

Wieso ist das eigentlich so, daß die meisten Frauen, die ich kenne (mich eingeschlossen), irgendwann commitment nicht nur sehen sondern auch hören wollen? Als wären Worte eine Garantie, die durch Taten allein nicht gegeben ist?
Unerwartetes Weihnachtsgeschenk? Ersatzaufladegerät für den Laptop, weil das eigene nur mittels Adapter funktioniert und selbiger seit 2005 aus dem letzten Loch pfeift, was man irgendwann mal beiläufig erwähnt und dann wieder vergessen hat? Die Ankündigung, daß man den Angebeteten im Frühjahr auf ein paar Hochzeiten begleiten werden wird, so man dazu Lust habe? Lust auf Skiurlaub mit den Freunden im April? Road Trip nach Schottland im Juni; nur ich und er, der Camper Van und unsere Kameraausrüstungen? Das alles zeugt von commitment. Und was will ich? Ich will, daß man mir in die Augen sieht und mir sagt, daß man mit mir zusammen sein will. Mit mir. Weil ich wunderbar bin und einzigartig und unersetzlich. Alles andere wiegt anscheinend nicht genug.
What an ungrateful bitch I am.

Mittwoch, 13. Januar 2010

Wie man Frauen verführt. Ein Kurzlehrgang.

Es war einer dieser eher langsamen Abende, an denen die Bar einem Seniorenheim gleicht und man als Bartender viel Zeit zum Gläserpolieren hat, als der neue Kollege und ich an der Kaffeemaschine ins Reden kamen. Mit seiner Ex wäre es jetzt ja schon seit ein paar Monaten aus und er würde momentan viel daten, aber alles eher ziel- und planlos, erzählte der Kollege. Der leidige Herzschmerz. Sowas brauche halt Zeit. Und dann hätte ihn die Ex ja auch betrogen, aber um das rauszufinden hatte er erstmal ihre Emails hacken müssen und irgendwie könne er auch gar nicht verstehen, warum sie sich gerade darüber so furchtbar aufgeregt hatte. Weil, wer hatte denn hier wen betrogen? Eben. Ob ich denn Lust hätte, nach der Arbeit noch was trinken zu gehen? Nicht? Naja, wenn man früh raus muß am nächsten Tag...ach so, vergeben wäre ich auch? Na, der Glückliche. Er hätte ja eigentlich gedacht, daß da was laufen würde zwischen dem A. und mir. Nicht? Vielleicht nächste Woche, also, was trinken gehen oder so? Ja? Nein? Naja. Wäre natürlich kein Date, nur so unter Freunden. Und sollte das mit meinem Freund nicht klappen, solle ich es ihn wissen lassen. Wir beide, also er und ich, würden nämlich ein perfektes Paar abgeben, mit unserer geteilten Vorliebe für Haribo und halbrohe Steaks. Ein perfektes Paar. Goddammit! Da käme der Göttergatte ganz sicher nicht mit. Obwohl, mit einem Fotografen wäre ich auf jeden Fall auf der sicheren Seite, während mit einem Berufssoldaten wie ihm das Leben natürlich weitaus aufregender wäre, aber das könnte ich erst verstehen, wenn ich es ausprobiert hätte. Und ausprobieren sollte ich das auf jeden Fall. Also, wenn das mit dem Freund...und so. Und dem Göttergatten solle ich von unserem Gespräch aber besser nichts erzählen. Ihm selbst würde das schließlich auch nicht so gefallen, wenn ein anderer Kerl seine Freundin angraben würde. Naja, nicht so richtig angraben, nur so ein bißchen. Schadet ja nichts, oder? Man kann ja nie wissen.

An dieser Stelle musste ich kurz den Raum verlassen, weil ich dem werten Kollegen sonst eine geklebt hatte, so vehement schlug mir seine Pas tant de chichi, bitch. Attitüde ins Gesicht.

Eine Kollegin berichtete mir später, daß er sie mit derselben Strategie beglückt hatte und daß er, als das nichts fruchtete, per SMS extrem ausfällig geworden war. Soviel zum Thema Respekt.

Ich jedenfalls ging wütend nach Hause. Und nahm mir vor, beim nächsten Mal weniger höflich zu sein. Verfluchte Kinderstube.

Dienstag, 22. Dezember 2009

Armour

For a long time I thought that the real issue, the thing that was holding me back, was my fear of commitment. I'd meet someone and as soon I sensed some kind of mutual emotional agreement, I'd jump right in and shove my love in their face without actually doing anything. I hardly ever declared myself. Putting my feelings out there on the shit pile meant being vulnerable, a feeling I feared more than anything. I pretended to let people in but instead of the front room they ended up in a closet full of bottled up emotions. I craved attention, affection, regular phone calls. Needless to say that nobody ever lived up to my expectations. I didn't trust anyone. Not really. I didn't trust the peace either. After all, everything is going to hell anyway; the questions isn't 'if', the question is 'when'.

I still think that everything is going to go to hell sooner or later but at least I've lost the fatalistic streak. Lose the highs to spare yourself the lows. That's not really how it works.

I've recently come to realize that I am not afraid of commitment. I am able to commit alright. No, I'm afraid to get emotionally attached. I've been through hell and I try to avoid having to relive that experience. "I'm not afraid of commitment, I'm afraid of you." It took me a long time to understand what Hugh McLeod meant by it. I always thought he was referring to some crazy psycho bitch from the Upper Eastside. Well, maybe he was. Or maybe he was just afraid what it might do to him if he allowed himself to fall in love with said crazy psycho bitch. To fall in love is to hand someone your heart on a plate. If they drop it, that's it. A million little pieces.

It's probably still worth giving that vulnerability thing a try. Take off the armour, drop that guard and attach yourself to someone. We are all afraid of getting hurt. It levels the playing field considerably to think of it that way. And after all, there's not much to lose but a hell of a lot to gain.

Sonntag, 15. November 2009

A thing called love

Ignorieren Sie das schräge Video, ignorieren Sie die putzigen Kostüme, ignorieren Sie den gepixelten nackten Allerwertesten des Herrn mit der Löwenmähne und meintewegen ignorieren Sie sogar die Van Hale'schen Anlehnungen. Aber bitte tun Sie jetzt eines: stöpseln Sie die Kopfhörer ein, drehen Sie den Lautstärkenregler auf laut und singen und tanzen Sie wie ein Derwisch bis Sie sich in den Kabeln verheddern und den Laptop vom Tisch reißen. Tun Sie es. Jetzt. Sofort. Egal wer dabei zuschaut. I believe in a thing called love. Wenn man das ganz laut singt, fängt man wirklich an, wieder daran zu glauben, daß noch nicht aller Tage Abend ist.

Unpraktischer Nebeneffekt: ich hatte plötzlich das unbändige Bedürfnis zu knutschen. War bloß keiner da, den ich hätte beglücken können.

Donnerstag, 12. November 2009

Love me tender

Die größte Barriere zwischen ihm und mir ist wahrscheinlich in meinem Kopf, das ist mir klar, aber was würden Sie tun, wenn Sie neben jemanden im Bett liegen, neben dem Sie schon sehr oft aufgewacht sind, und der macht überhaupt nicht den Eindruck, als wäre er an Körperkontakt - in welcher Form auch immer - interessiert. Ich jedenfalls konnte mich nicht überwinden, einfach den Arm auszustrecken oder was auch immer, und so blieb es dann bei zufälligen Berührungen und Smalltalk am Morgen und mir war danach immerhin endlich klar, daß ein gewisses Begehren, und sei es nur momentan-spontan, schon vorhanden sein muß, sonst wird aus einer friend with benefits Geschichte irgendwann Geschwisterliebe. Und die ganze Zeit, während wir so nebeneinander im Dunkeln lagen, wollte ich ihn eigentlich nur eines fragen, nämlich ob er mich in irgendeiner Form anziehend findet, und wenn nicht, wieso er dann überhaupt bei mir übernachtet, weil wenns nur um die gepflegte Abendunterhaltung geht, hätte Kino ja eigentlich auch gereicht. Und wo bleibt da überhaupt der benefit, wundere ich mich, wenn man sich am nächsten Morgen nicht sicher ist, ob man sich dieses seltsame Verhältnis weiterhin antun soll, wo man doch gar nichts davon hat, außer diesem dumpfen Gefühl, irgendwelchen dubiosen Ansprüchen eines fünf Jahre jüngeren und erektil gehandicappten Kerls nicht zu genügen.

Mittwoch, 4. November 2009

A bit of affection...

Der Arbeitskollege. Nun ja. Graumeliert, ewiger Dreitagebart, wunderbar blaue Augen, und ausgesprochen hübscher Hintern. Im richtigen Alter. Mit dem richtigen Sinn für Humor. Gesegnet mit einer Virilität, die man dieser Tage selten findet. Und überhaupt.
Jeden Montag schmeißen nun der Arbeitskollege und ich gemeinsam den Laden bis zur Sperrstunde. Jeden Montag werfen wir uns Anzüglichkeiten an den Kopf, klopfen uns sinn- und zwecklos gegenseitig auf den Hintern und wenn wir besonders lustig aufgelegt sind, teilen wir uns eine Tüte Haribo. Das Gros unseres gemeinsamen Arbeitstages verbringen wir also im Teenagerland, wo nichts eindeutig und schon gar nichts ernst gemeint ist und das wäre eigentlich auch gut so. Denn der Arbeitskollege hat nämlich zwar einen tadellosen Hintern, aber nicht unbedingt eine tadellose Reputation und sammelt Telefonnummern wie andere Leute Briefmarken. Nicht, daß aus den Telefonnummern dann auch tatsächlich Nummern erwachsen würden, der Arbeitskollege macht da wohl irgendwas nicht ganz richtig; was mich wirklich, wirklich abtörnt ist der qualitätsfreie Rundumschlag getreu dem Motto "was einen Puls hat, ist auch bespringenswürdig".
Ich bin ja nun nicht irgendeine Frau, ich bin speziell und will auch so behandelt werden. Schon allein aus diesem Grund würde ich meinen Hormonen niemals nachgeben. Es ist also alles im Lot, die Perspektive ist korrekt ausgerichtet, das Ego unter Kontrolle. Alles gut, möchte man meinen.
Letzten Freitag packte mich der Arbeitskollege um die Hüfte und erklärte der Öffentlichkeit (in Form unseres gemeinsamen Chefs), ich würde ein bißchen Zärtlichkeit sehr zu schätzen wissen. Der Chef schaute konsterniert. Ich auch. Noch irritierender fand ich, daß vor meinem inneren Auge plötzlich das Beziehungschecklistenprogramm ablief. Zwar nur für eine Sekunde, aber immerhin.
Am Montag darauf kriegte ich statt Hinterngetätschle eine Umarmung. Full on und vor versammelter Kundschaft. Überhaupt sind wir wie ein altes Ehepaar. Ein bißchen grantelig aber einander eigentlich sehr zugetan. Ich mache ihm Tee, er hebt mir dir Hälfte von seinem Sandwich auf. Und zwischen die dummen Sprüche schleichen sich immer mehr ernsthafte Gespräche ein. Wäre da nicht besagte Reputation...

...ach, es ist einfach nicht fair.


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